Er hat sich wie wenige andere dauerhaft den Bürgerinnen und Bürgern unserer Stadt eingeprägt: Johannes Rau, der in diesen Tagen 90 Jahre alt würde – leider ist er schon 2006 gestorben.
„Johannes Rau war ein in besonderer Weise den Menschen zugewandter Politiker. Er erreichte nicht nur eine unglaubliche Popularität, er kannte auch zahllose Menschen persönlich – auch in unserer Stadt. Sie sahen sich von ihm als Bürgerinnen und Bürger ernst genommen“, betont Bochums SPD-Ehrenvorsitzender Prof. Dr. Bernd Faulenbach.
Johannes Rau hat in seinen verschiedenen Funktionen zahllose Male unsere Stadt besucht. Ein besonderes Verhältnis besaß Rau – der zunächst Wissenschaftsminister war – zur Ruhr-Universität und den anderen Bochumer Hochschulen, deren Entwicklung er stark gefördert hat. Die evangelisch-theologische Fakultät verlieh ihm 1997 die Ehrendoktorwürde. Als jahrzehntelang amtierender mehrfach mit absoluter Mehrheit wiedergewählter NRW-Ministerpräsident hat er den Strukturwandel des Ruhrgebiets und NRWs zu steuern versucht, ihm wesentliche Impulse verliehen und ihn sozialverträglich gestaltet.
Zwar sollte die Politik die Modernisierung fördern, doch dabei auch die breiten Arbeitnehmerschichten immer im Auge behalten – für ihn hatte sozialdemokratische Politik als „Schutzmacht der kleinen Leute“ zu fungieren. Eine Bildungspolitik, die die sozialen Benachteiligungen überwand und die Bildungspotentiale nutzte, war für ihn ein persönliches Anliegen. Faulenbach: „Wie kein anderer Ministerpräsident hat Johannes Rau die Identität unseres Bundeslandes mit ihrer vielfältigen Geschichte bewusst gemacht und als Persönlichkeit verkörpert.“
In seiner letzten Lebensphase war Rau Bundespräsident (1999-2004). Er sah die gesellschaftlich-kulturellen Krisenphänomene heraufziehen, die uns in der Gegenwart beschäftigen. Er kämpfte für den Zusammenhalt in unserer auseinanderdriftenden Gesellschaft, warb für Verlässlichkeit untereinander und stemmte sich gegen eine zunehmend ökonomistisch verengte Weltsicht, der er den eigenständigen Anspruch von Bildung, Kultur und Mitmenschlichkeit entgegensetzte. Wie wenige andere verstand er es, Brücken zu bauen zwischen den Menschen und der Politik.
In diesem Zusammenhang erinnert Prof. Dr. Karsten Rudolph, Vorsitzender der Bochumer SPD, an Raus Losung „Einander achten und aufeinander achten“: „Johannes Rau war so ein beliebter Landesvater, weil er ein Politiker war, dem die Menschen vertraut haben. Die Menschen wussten, was sie an ihm haben, wie er wusste, was er an ,seinen‘ Nordrhein-Westfalen hatte. Gerade in Krisenzeiten wie diesen hätten Raus Expertise und Worte das Gewicht, das die Bürgerinnen und Bürger derzeit so schmerzlich vermissen.“